Et in Arcadia ego
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Wie friedlich es doch sein kann, unter blauem Himmel auf einer Blumenwiese im Schatten eines Apfelbaums zu sitzen und genussvoll einen süßen, rotbackigen Apfel zu verspeisen. Vögel zwitschern, ein laues Lüftchen weht mir hin und wieder durch die Schwingen und fordert mich zu einem Tanz auf.
Und dann das Gezeter.
Luzijas nervtötender Sopran zerschneidet die idyllische Ruhe und lässt jeden Gedanken an Frieden zerplatzen wie eine Seifenblase. Die empörte Stimme der rüstigen alten Oma mischt sich hinzu und Draka, die faul neben mir im Gras liegt, blickt mich seufzend an. Warum kann Luzija nicht einmal für ein paar Äpfel zahlen?
Wir hatten gerade erst das Portal an der vierstufigen Treppe in Sigil durchschritten, da standen wir auch schon mitten in diesem wunderschönen Garten. Hinter uns spannte ein sich ein großer Bogen, über und über mit weißen und gelben Rosen bewachsen, durch den wir Arkadien soeben betreten hatten. Ein fein säuberlich geharkter Weg führte an Streuobstwiesen vorbei in Richtung Gebirge, und aus dem Schornstein einer kleinen Hütte stieg feiner Rauch auf.
Draka und ich statteten der Hütte einen Besuch ab und erstanden von der Eigentümerin, einer älteren Dame, einen kleinen Korb frischer Äpfel, doch Luzija glaubte sich wohl selbst bedienen zu können - was in jenem Gezeter endete.
Nachdem wir nun also auch Luzijas Schulden beglichen haben, setzen wir unseren Weg lieber gleich fort in Richtung Gebirge. Der sonnige Tag läd förmlich zum Fliegen ein, und schon rauscht die Landschaft unter uns dahin. Nach einer Weile sehen wir unter uns einen langen Zaun, und wie es uns die alte Dame gesagt hat, folgen wir ihm.
Plötzlich sehen wir etwas auf uns zukommen, sehr schnell und ziemlich laut. Es ist ein Gnom, der auf einem mechanischen Vogel sitzt. Das Gefährt zischt, knattert und quietscht, aber es fliegt und er ist offenkundig sehr stolz auf diese Leistung. Als wir ihm erzählen, dass wir Gond und seinen Schmied besuchen wollen, lacht er nur und meint, man warte jahrelang auf eine Audienz bei ihm. Doch den Schmied mit dem runden Amboss kennt er, und er ist auch so freundlich uns zu ihm zu führen.
Aufgeregt und neugierig stehen wir also vor der Tür der Schmiede. Ig’nea hat sie gleich aus ihrer Vision wiedererkannt! Ein Zwerg öffnet uns, doch kaum dass er die Adamantwaffen erblickt, schlägt er uns die Tür vor der Nase wieder zu.
Jetzt bin ich doch ein wenig entrüstet, auch Elidan klopft noch einmal energisch und vielleicht sogar ein wenig magisch, woraufhin die Tür ihm einen ordentlichen Stoß verpasst, der ihn auf den Hosenboden wirft.
Doch zumindest tut sich jetzt drinnen etwas. Ein anderer Zwerg öffnet die Tür, und Ig’nea lässt uns wissen dass dies der Zwergenschmied aus ihrer Vision ist. Er ist nicht gerade erfreut uns zu sehen, doch Goin vermag ihn mit schönen Worten und großem Lob über dessen einmalige Zwergenschmiedekunst zu umgarnen.
So verrät er uns schließlich, dass er des Goldes wegen schon eine Menge Waffen für Brenell hat fertigen lassen, unter anderem die Säge vor etwa 200 Jahren. Die älteste dieser Waffe sei jedoch ein Krummsäbel. Diese Waffen seien deshalb so besonders, weil durch das kalte Schmieden die Essenz der lebendigen Erde nicht zerstört würde und man nur mit lebendigen Waffen die Wesen der Unteren Ebenen verletzen könne.
Langsam dämmert mir, warum ein Planetar wie der in Dorn sich freiwillig in solch eine Waffe stecken lassen würde.
Um jedoch Adamant kalt zu schmieden, fährt der Zwerg fort, bräuchte es erstens eine besondere Schmiede und zweitens einen unmenschlich starken Schmied. Beides, so verkündet er stolz, habe er bewerkstelligt.
Er führt uns zu einer Schleuse in einem hohen Gebäude, durch sie gelangen wir an eine fein zisilierte Goldtür mit vielen Schlössern. Obwohl sie massiv ist, dringen bereits rhythmische, ohrenbetäubende Schläge vom jenseitigen Raum zu uns heraus. Der Zwerg hantiert mit ein paar filigranen Schlüsseln herum, dann schwingt die schwere Tür langsam auf und gibt den Blick auf die seltsamste Schmiede frei, die ich je sah:
In der Mitte des Raumes ruht ein kugelrunder Amboss, von dem unzählige Verstrebungen zu dessen Verstärkung über den Boden und die Wand entlang laufen. Vor dem Amboss steht eine mannshohe, schwarze Rüstung, die in der einen Hand ein Schmiedestück hält, in der anderen Hand eine Art gläsernen Hammer, der an den Enden spitz zuläuft. Wie ein Berserker hämmert der Hüne mit roher Gewalt auf das Metallstück ein. Der Lärm, der bei jedem Schlag entsteht, geht durch Mark und Bein selbst wenn ich mir mit aller Kraft die Ohren zuhalte.
Als die Rüstung uns bemerkt, hält sie mit dem Schmieden inne und der Zwerg sagt, ihr Name sei Zordai, und Brenell habe sie damals gesandt. Als er den Namen Zordai ausspricht, fällt mir endlich wieder ein, worüber ich die ganze Zeit bei all dem Lärm vergeblich nachgedacht hatte: ich weiß, was das für ein Wesen ist.
Es ist ein Zodar. Ein Konstrukt, anders als dieser mechanische Vogel da draußen, doch hat er mit dem beinahe mehr gemeinsam als mit uns. Während meiner Nachforschungen über die Konstrukte in Mechanus war ich in einem Querverweis über die Zodar gestolpert. Die schwarze Rüstung war eine Art natürlicher Panzer, in ihrem Innern bestanden sie gänzlich aus Muskeln. Ein an reiner Muskelkraft stärkeres Wesen zu finden dürfte schwer sein.
Luzija wagt sich als erste nach vorn und beginnt vorsichtig eine Unterhaltung mit dem Kraftprotz, der jetzt völlig unbeweglich und ungerührt da steht. Noch immer klingeln meine Ohren, daher bekomme ich von der Unterhaltung nichts mit, doch schon nach kurzer Zeit hebt er wieder den Hammer und - zu meiner großen Erleichterung - drischt er nicht auf Luzija, sondern weiter auf das Metallstück ein.
Eilig verlassen wir diese Stätte des tödlichen Lärms, und draußen berichtet Luzija dass Zordai zwar nicht viel gesagt hätte, das was er zu sagen hatte sei jedoch sehr aufschlussreich gewesen: Er habe vor längerer Zeit etwas für eine Frau geschmiedet, sie sei jetzt „unten“. Gerade schmiede er an einem Langschwert für ein Kind, verrät jedoch nicht, ob und wann es abgeholt werden soll.
Wir pflichten Luzija bei dass es sich bei der Frau bestimmt um Brenells geliebte Prinzessin aus Orth und bei dem Kind um Drakas entführten Schützling handelt, und schnell ist der Plan gefasst, das Schwert auf seinem Weg von hier weg zu begleiten, um so an das Kind heranzukommen. Also heißt es warten.
Vier Tage verbringen wir in Luzijas magischer Hütte, und langsam werden mir selbst diese gewohnten vier Wände zu eng. Tagsüber streife ich in Abellio umher und versuche Alceron abzuhängen, wenn er glaubt mir geschickte Waldläuferfallen stellen zu können, nachts halten die mit den guten Augen abwechselnd Wache über die Schmiede.
Am vierten Abend bekommen wir plötzlich Besuch in unserer Hütte - Jarvis!! Überglücklich, meinen blonden Lieblingselfen endlich wiederzusehen, ziehe ich ihn, entgegen leiser Proteste gewisser Freunde es sei auch so schon eng genug hier, neben mich ans Feuer. Eng genug? Pah!
Doch Jarvis ist nicht nur zu seinem Vergnügen hier. Er warnt uns eindringlich davor, dem Zodar zu folgen, denn der hätte den Befehl, jeden Verfolger zu töten.
Gut, wir werden uns vorsehen müssen und ihm nicht einfach offen hinterher spazieren. Doch wie ich unsere Magier kenne, finden die schon einen Weg.
Und wenn nicht, so hinterlässt auch ein Zodar mit einem halben Tag Vorsprung noch gut sichtbare Spuren.
Aber nicht vor Morgen.
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